Umsichtige Wirtschaftsförderung
Für die Wirtschaftsförderung in der Region Thun ist der «Wirtschaftsraum Thun» zuständig. «Das charakteristische am Wirtschaftsraum Thun ist, dass er durch eine grosse Anzahl an KMU-Betrieben sehr breit verteilt und abgestützt ist», erklärt auch Stefan Otziger, Geschäftsführer von «Wirtschaftsraum Thun». Das habe vor allem zwei Effekte. Effekt Nummer eins: Es istunspektakulär. «Wir habe keinen Novartisoder Google-Hauptsitz, auf den alle neidisch sind und der ein starkes Zugpferd wäre.» Effekt Nummer zwei: Es besteht kein Klumpenrisiko. So gebe es keine Grossunternehmung im Wirtschaftsraum Thun, von der man abhängig sei. Die Resilienz sei daher sehr hoch. Diese Aussagen decken sich mit der Einschätzung von Stadtpräsident Raphael Lanz (s. Seite 2). Stefan Otziger fügt an, dass der Standort durch diesen Umstand ohne grosse Verluste durch die Pandemie gekommen sei. Der Schaden in der Region Thun sei damals sehr klein gewesen. «Wenn es holpert, sind wir nicht gleich in Panik versetzt», so Stefan Otziger. Dies sei vor allem ein Verdienst des Stadtpräsidenten Raphael Lanz. «Wir haben in den letzten zehn Jahren die Wirtschaftsförderung gemeinsam stark vorangetrieben», erklärt Stefan Otziger.
Funktional logischer Raum
Der Anstoss dazu gab Stadtpräsident Raphael Lanz. Vor rund zehn Jahren wollte dieser das Verhältnis zur Wirtschaft und die Wirtschaftsförderung professionalisieren und hat jemanden aus der Privatwirtschaft gesucht, der dies umsetzen könne. Die Wahl ist auf Stefan Otziger gefallen. «Ich habe zuerst ein städtisches Konzept für die Wirtschaftsförderung erstellt», erzählt Stefan Otziger. Dabei habe man rasch festgestellt, dass die Wirtschaftsförderung, der Kontakt zu Unternehmen und die Betreuung von Unternehmen immer «die Optik auf einen funktional logischen Perimeter» haben müsse. «Das ist der entscheidende Punkt», sagt Stefan Otziger. Denn die Wirtschaftsförderung könne nicht an der Gemeindegrenze von Thun aufhören. Die regionale Wirtschaft sei immer ein funktionaler Raum. Heute spricht man vom Wirtschaftsraum Thun. «Dieser umfasst rund 110 000 Einwohner und 13 Gemeinden», erklärt Stefan Otziger. Man habe im Anschluss an diese Erkenntnis die umliegenden Gemeinden davon überzeugen können, dass es besser sei, den Wirtschaftsraum gemeinsam und regional aufzubauen. 2019 konnte dann die Geschäftsstelle vom «Wirtschaftsraum Thun» gegründet werden. Diese hat inzwischen ein 360-Grad-Angebot für Unternehmen entwickelt, die sämtliche Aspekte berücksichtigt, die für die Förderung von Unternehmen wichtig sind. Dazu gehören beispielsweise Dienstleistungen für KMU, Standortmarketing wie beispielsweise der Thuner Wasserzauber, die Förderung des Jungunternehmertums, die Förderung von Nachwuchs und Fachkräften sowie regionale «Info-Hubs» für Jobs oder Immobilien. Von den Massnahmen ausgeschlossen ist die finanzielle Förderung von Unternehmen wie Steuererleichterung, Steuerbefreiung, A-fonds-perdu-Beiträge oder Investitionskostendarlehen. Diese Massnahmen fallen gemäss Stefan Otziger in die Zuständigkeit des Kantons. «Eine Region hat keine finanziellen Mittel zur Verfügung für eine Direktunterstützung von Unternehmen», erklärt Stefan Otziger. «Für jene Fälle, bei denen es ums Geld geht, haben wir aber sehr gute Kontakte ins kantonale Amt für Wirtschaft.»
Wissensvermittlung
Wichtig ist für Stefan Otziger die Wissensvermittlung für KMU, also «des Mittelstandes»: «Wir organisieren pro Jahr 13 Anlässe für unterschiedliche Zielgruppen und mit unterschiedlicherEinstiegsschwelle.» Darunter befindet sich beispielsweise die Reihe «WRT Digital», mit der man Unternehmen und der Bevölkerung die Digitalisierung näherbringen will. Mit anderenAnlässen wolle man Firmengründungen fördern. Speziell für Frauen wurde dazu der Event «Mut zur Chefin» ins Leben gerufen, oder für Gründerinnen und Gründer allgemein der «Tag des Gründens». Bei beiden Anlässen, die Firmengründungen fördern wollen, wird mit dem Institut für Jungunternehmen IFJ zusammengearbeitet. Die Teilnehmenden erhalten dabei die Gelegenheit, ihre Ideen mit Fachpersonen zu besprechen. Der grösste Anlass ist das «KMU Forum Thun», an dem auch der Thuner Gemeinderat anwesend ist. Dieser findet heute Mittwoch statt, und es werden ganze 200 Teilnehmende erwartet. Diese haben die Möglichkeit, mit Experten aus Wirtschaft, Gesellschaft und eben auch der Politik in Kontakt zu treten. «Wir wollen zur gesamten Entwicklung von Unternehmen etwas beitragen», erklärt Stefan Otziger. Dies von der Idee, über die Gründung bis hin zur Weiterentwicklung. Für Personen, die es mit einer Firmengründung ernst meinen, gibt es den «Kompass-Tag». Dieser wird in Zusammenarbeit mit der Berner Kantonalbank im Rathaus durchgeführt. Die Teilnehmenden erhalten dabei kostenlos die Gelegenheit, in sechs Einzelgesprächen mit Expertinnen und Experten aus den Fachbereichen Marketing, Recht, BusinessKonzeption, Treuhand, Versicherung und Finanzierung alle Fragen rund um die Unternehmensgründung zu stellen. Um daran teilzunehmen, müssen Interessierte zuvor ihre konkrete Unternehmensidee einreichen. All diese Arbeit trägt offensichtlich Früchte. «In den letzten fünf Jahren sind in der Region Thun rund 2500 Unternehmungen gegründet worden», erklärt Stefan Otziger. «Es ist sehr erfreulich, wenn wir mit unseren Impulsen, den Boden dazu bereiten konnten.»