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«Freund» oder Nutztier

Wo liegt der Unterschied zwischen einem Hund und einem Rind, zwischen einer Katze und einem Schwein? Der Unterschied ist allein kulturell – wir haben entschieden, dass das eine Tier «Freund» ist und das andere Nutztier. Und mit den Nutztieren gehen wir grösstenteils – nicht überall und nicht alle – sehr unschön um. Es ist für uns kein Tier mehr, sondern ein Produkt. Tiere werden für Unterhaltung in Zoos, Zirkussen oder Stierkämpfen ausgenutzt, für Mode in Pelzfarmen oder für Tierversuche – obwohl es längst Alternativen gäbe. Und nicht zuletzt leiden enorm viele Tiere für unseren hohen...

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Jahreswechsel

Der Spruch ist alt. Und trotzdem immer wieder wahr: Wie schnell vergeht doch die Zeit. Oder wie Polo Hofer tiefsinnig gesungen hat: «… u grad so wie Sand, rünnt d’Zyt eim dür d’Hand …»  Schon bald geht ein weiteres Jahr zu Ende. 365 Tage werden Geschichte sein. 8760 Stunden haben von der Gegenwart in die Vergangenheit gewechselt. Über 31 Millionen Sekunden Lebenszeit sind vorbei. Bis Ende dieses Jahres hat Ihr Herz ungefähr 31 Millionen Mal geschlagen; dies ohne je eine Pause einzulegen. Was für eine Meisterleistung des Lebens! Jeder Jahreswechsel bietet die Chance für einen...

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Wunder

Kürzlich geschah ein Wunder. Ich wurde auf der Strasse von einem Menschen angesprochen und – man höre und staune – nach der Uhrzeit gefragt.  Eigentlich impliziert diese Frage genau drei Wunder. Erstens: Ein fremder Mensch spricht einen an. Zweitens: Dieser Mensch fragt nach der Uhrzeit. Drittens: Es fühlt sich für den Fragesteller wie auch für die Gefragte völlig normal an – wir sind etwa im gleichen Alter.  Dass ein fremder Mensch einen anderen fremden Menschen anspricht, ist für manche Menschen, oft sind es Jugendliche, undenkbar geworden. Wobei sie es, sollte es doch...

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Die Kunst des (digitalen) Grüssens

Grüezi, Grüss Gott, Hallo oder Hallöchen. Die Begegnung auf der Strasse oder die Begrüssung zu Beginn einer E-Mail ist das eine. Aber wie verabschiedet man sich am besten am Schluss einer E-Mail? Hier herrschen ganz eigene Gesetze. Nirgends sonst in der Kommunikation wirddergestalt mit der Grussformel gespielt und variiert wie im E-Mail-Verkehr. Wenn die Presseabteilung eines Verlags mich als Kulturjournalisten anfragt, ob ich ein Buch besprechen möchte, wird immer «herzlich» gegrüsst. Die ungeschriebenen Grussgesetze zeigen den Aggregatszustand der Beziehungen an. Da war zum Beispiel die...

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Giovanni

Er lacht nicht. Er schmunzelt nicht. Er ist freundlich und abwesend zugleich. Und er spricht alle an, die am Strand über den schmalen Holzsteg und am Restaurant, für das er arbeitet, vorübergehen. Er fragt auf englisch, woher man komme und wechselt sofort in die Landessprache der Gefragten. Er erzählt, dass er Giovanni heisse, weil seine Eltern Italiener seien, dass er zwei Kinder habe, die er während der Saison nicht gesehen habe und es tue ihm leid, dass auf der Insel, auf der wir einander begegnen, so viel Müll liege, wo doch das ägäische Meer so klar und hellblau sei. Wie viel Müll die...

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Raumschiff

Nach einem 178-tägigen Aufenthalt an Bord der ISS kehrte Astronaut Ronald John Garan mit einer tiefgreifenden Erkenntnis zurück: Aus dem Orbit erscheint die Erde als eine Einheit – eine leuchtend blaue Sphäre ohne Grenzen oder Teilungen, ein zerbrechliches Schiff im Dunkel. Von dort oben wird deutlich: Wir alle teilen uns dasselbe Zuhause. Zurück auf der Erde ist von dieser Perspektive nicht viel zu spüren; wir verstricken uns in politische Debatten, teilen in Nationen ein, ziehen Grenzen und begeben uns in den täglichen Wettstreit um Macht, Geld und Status. Doch das, was uns auf der...

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Fragen?

Wie haben Sie es mit dem Fragen? Der Dichter Henrik Ibsen (1828–1906) meinte: «Zu fragen bin ich da, nicht zu antworten.» Als Journalist frage ich viel, fast zu viel, meint meine Frau, denn dann käme ich nie zum Zug, über mich nachzudenken. Aber von uns Kolumnisten wird verlangt, dass wir kommentieren. Gerät die Kultur des Fragens nicht immer mehr unter die Räder der ungewollten Meinungen, der Besserwisserei von Nichtwissenden? Wie schrieb schon Bertold Brecht: «Der Vorhang fällt, und alle Fragen sind offen.» Vielleicht hat meine Frau recht. Ich lenke durch meine Fragerei einfach von mir...

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Status: «kompliziert»

Am 28. September stimmen wir über den Eigenmietwert und die E-ID ab. Doch die Abstimmungsunterlagen sorgten bereits im Vorfeld der Abstimmung für Verwirrung. Auf dem Stimmzettel sucht man nämlich vergebens nach dem Wort «Eigenmietwert». Stattdessen steht da eine ziemlich kryptische Frage: «Wollen Sie den Bundesbeschluss vom 20. Dezember 2024 über die kantonalen Liegenschaftssteuern auf Zweit­liegenschaften annehmen?» Natürlich erinnern wir uns noch ganz genau, was der Bund am 20. Dezember beschlossen hat. Oder etwa nicht? Dann bringen wir nun Licht ins Dunkle: Wer den...

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