Ich mag Kriege nicht
Ich mag Kriege nicht.
Trotzdem verhielt ich mich kriegerisch. Nämlich bei Diskussionen. Also genau bei der Tätigkeit, die für eine friedliche, gut funktionierende Demokratie zentral ist. Paradox. Ich sah Argumente als «Angriffe», ich «verteidigte» meinen Standpunkt, bewunderte die rhetorischen «Waffen» anderer, wurde argumentativ «in die Enge getrieben».
Ich übersah den Unterschied zwischen diskutieren und debattieren. Das lateinische «discutere» bedeutet zerschlagen und zerlegen. Bei einer Diskussion geht es somit darum, Gedanken zu zerlegen. Beim Debattieren, französisch «débattre», schlägt man den Gegner.
Debatten in der Politik sind nichts Neues, schliesslich möchten viele Politiker (wieder-)gewählt werden. Je besser sie sich rhetorisch darstellen, desto eher gewinnen sie die Wahl. So gesehen passt ein kriegerisches Wortfeld, schliesslich geht es in diesem Fall um den Sieg, nicht die Sache. Aber auch im Privaten können Debatten als rhetorische «Duelle» aus spielerischer Sicht durchaus Herz und Hirn erfreuen.
Bei einer Diskussion steht hingegen die Erkenntnis im Vordergrund, nicht der «Sieg». Durch das Kritisieren und Hinterfragen von Argumenten kann ich meine eigene Meinung überprüfen und allenfalls sogar anpassen. Doch das fällt vielen von uns häufig schwer: Eines Besseren belehrt und somit klüger zu werden, wirkt wie eine «Niederlage». Paradox.
Einmal mehr übernehmen die Jüngsten von der Gesellschaft die Vorbildrolle. Paradox. Ein Kind mit seiner unersättlichen Neugier kann sich unglaublich darüber freuen, wenn man auf magische Weise eine Münze hinter seinem Ohr verschwinden lässt. Doch das Lachen des Kindes verschwindet nicht, wenn es gezeigt bekommt, was mit der Münze wirklich passiert. Es freut sich dann nicht über Magie, sondern über die Erkenntnis, wie der Zaubertrick funktioniert. Ganz ohne Eitelkeit.