Lachen hinter dem Rücken
«Sie lachen hinter meinem Rücken, wenn sie mich mit den Steinen, dem Wind und den Wurzeln der Bäume, über die ich gehe, flüstern hören», sagt er, und wischt sich mit einem nicht mehr weissen Tuch den Sand von den schwarzen Schuhen. «Gott muss die Vögel sehr lieben. Ihre Art ist älter als die Dinosaurier, die längst ausgestorben sind», sagt er, geht mit dem Gesicht nah an den Spiegel und zieht sich dunkelrot die Lippen nach. Dann beugt er sich zurück, betrachtet sich, fährt mit einer Hand durchs halblange, leicht angegraute Haar: «Ist etwas nur existent, wenn es Worte dafür gibt? Das Vergessen frisst alles hinter einem auf.» Dann schaut er mir direkt ins Gesicht. «Ich ziehe bald um», sagt er. «In eine andere Zeit. Ich will sehen, ob ich mich dort verliebe.»
Er steht auf, dreht sich vor dem Spiegel. Adrett ist er. Schlank. Mit Weste, schwarzer Hose und dunkel geschminkten Augen. Er zieht die Taschenuhr aus der einen Westentasche und drückt sie mir in die Hand. «Hast Du Dir schon mal überlegt, dass sich Menschen immer nur in Menschen verlieben, die zur selben Zeit leben wie sie selbst? Ist es dann nicht ein unglaubliches Glück, der geliebten Person zu begegnen?» Er geht zum kleinen Spülbecken, im Verhältnis so klein wie der Wagen ist, in dem er lebt, und wäscht sich die Hände. «Was wäre, wenn der Mensch, der für uns bestimmt ist, erst in hundert Jahren geboren würde, oder vor tausend Jahren starb?» Dann geht er zur Tür, beugt seinen Kopf, um durch den Rahmen zu passen. «Kommst Du mit?», fragt er. Ich zucke die Schultern. Er schliesst hinter uns ab, steckt den Schlüssel in die andere Westentasche und sagt: «Weisst Du, sie lachen hinter meinem Rücken, wenn ich mit den Steinen, dem Wind und den Wurzeln der Bäume spreche, über die ich gehe. Aber sie hören nicht, dass sie mir antworten.» Er umarmt mich lange und geht. Mir fällt noch auf, dass er leicht nach Abschied und Erde riecht, nach Blau und dem Tuscheln der Möglichkeiten, bevor sie sich zeigen. Nach Weisheit und nach Ewigkeit. Und ein bisschen nach Hoffnung.