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Status: «kompliziert»

Am 28. September stimmen wir über den Eigenmietwert und die E-ID ab. Doch die Abstimmungsunterlagen sorgten bereits im Vorfeld der Abstimmung für Verwirrung. Auf dem Stimmzettel sucht man nämlich vergebens nach dem Wort «Eigenmietwert». Stattdessen steht da eine ziemlich kryptische Frage: «Wollen Sie den Bundesbeschluss vom 20. Dezember 2024 über die kantonalen Liegenschaftssteuern auf Zweit­liegenschaften annehmen?» Natürlich erinnern wir uns noch ganz genau, was der Bund am 20. Dezember beschlossen hat. Oder etwa nicht? Dann bringen wir nun Licht ins Dunkle: Wer den Eigenmietwert abschaffen will, wirft ein «Ja» in die Urne. Wer diesen beibehalten will, stimmt «Nein». Immerhin wird das dann im Innenteil des Abstimmungsbüchleins – das natürlich von allen immer sehr aufmerksam gelesen und verinnerlicht wird – ausgedeutscht. 

Gemäss verschiedenen Berichten verschiedener Medien vor allem aus dem Hause Tamedia ist die Formulierung das Ergebnis jahrelanger Debatten. Ein fein austarierter Kompromiss, Niederschlag par excellence für unsere Konsensdemokratie. Doch was ist nun dieser Bundesbeschluss vom 20. Dezember 2024? Status: «kompliziert».

Am 20. Dezember verabschiedete das Parlament eine Gesetzesänderung, welche die Besteuerung des Eigenmietwerts abschafft und die Abzugsmöglichkeiten einschränkt. Das gilt gemäss Abstimmungsbüchlein für Erst- und Zweitliegenschaften. Gleichzeitig hat das Parlament damals eine Verfassungsänderung beschlossen, die es den Kantonen erlaubt, eine besondere Liegenschaftssteuer auf überwiegend selbstgenutzten Zweitliegenschaften einzuführen. Das war das Zugeständnis an die Bergkantone, denn diese gucken bei einer Abschaffung des Eigenmietwerts in die Röhre. Sprich: Sie haben Verluste bei den Steuereinnahmen, nach gut schweizerischer Kompromissmanier erhalten sie aber die Möglichkeit, eine andere Steuer zu erheben, nämlich die besagte «Liegenschaftssteuer auf Zweitliegenschaften». Das heisst: Alle jene, die im Bündnerland oder im Wallis eine Ferienwohnung besitzen, «können» vom Zweitkanton besteuert werden. 

Dies wird für jene klar, welche die Geduld und den Nerv haben, sich durch den nicht sehr spritzigen Text des Abstimmungsbüchleins zu kämpfen. Eigentlich schade, dass dieses nicht zielgruppenfreundlicher ist, denn die Produktion des Abstimmungsbüchleins ist ein wahrer Kraftakt. Es verschlingt 221 Tonnen Papier und wird in einer Auflage von 5,5 Millionen Exemplaren gedruckt. Verantwortlich für den Inhalt ist letztlich der Bundesrat, der zuvor die zuständigen Ämter konsultiert. Der Text wird von der Bundeskanzlei in Zusammenarbeit mit den betroffenen Departementen erstellt. 

Schreiben die Behörden damit am Volk vorbei? Und – Hand aufs Herz – wer von Ihnen hat ein Abstimmungsbüchlein schon mal von vorn bis hinten durch­gelesen? Vielleicht ja nächstes Mal – nur zur Belustigung …