Belpau: Im Naturschutzgebiet sollen Bäume gefällt werden
Belp | Die Burgergemeinde Belp plant im kommenden Winter eine grosse Baumfällaktion im Naturschutzgebiet Belpau. Im Auftrag der Fondation Franz Weber ist es Baumpflegespezialist Fabian Dietrich gelungen, eine grosse Esche zu retten – auf den Verzicht weiterer Fällungen geht die Waldeigentümerin nicht ein.

Im Auftrag der Fondation Franz Weber (FFW) beging Baumpflegespezialist Fabian Dietrich zusammen mit dem Kantonsoberförster Rolf Lüscher, dem zuständigen Förster Marco Etter und mit Franziska von Lerber vom Amt für Naturförderung des Kantons Bern das Naturschutzgebiet Belpau. Genauer: den südwestlichen Teil der Belpau, das «Autürli». Denn dort plant die Burgergemeinde Belp im kommenden Winter einen Holzschlag. Die Begehung habe zu seinem Erstaunen gezeigt, so Baumpflegespezialist Dietrich, dass der Holzschlag gemäss Oberförster rechtskonform sei. «Wir gingen immer davon aus, dass ein so starker Eingriff in einem Naturschutzgebiet nicht gestattet ist.» Vor allem, weil die Eigentümerin, die Burgergemeinde Belp, aufgrund der Tatsache, dass die Belpau ein Naturschutzgebiet ist, in Bezug auf deren Bewirtschaftung mit öffentlichen Geldern unterstützt werde.
Totschlagargument Sicherheit
Aus sogenannten Sicherheitsgründen plant die Burgergemeinde nun, vor allem Eschen zu fällen – wegen des Eschentriebsterbens, auch bekannt als Eschenwelke, einer aus Ostasien eingeschleppten Pilzkrankheit. Er habe im vergangenen Juli, nachdem der Blattaustrieb abgeschlossen gewesen sei, den Zustand der Bäume vor Ort noch einmal geprüft, so Dietrich. «Mit wenigen Ausnahmen sind die Eschen in einem sehr guten Zustand. » Sein Fazit: «Es soll also eine einheimische, ökologisch wichtige Baumart in einem Naturschutzgebiet gefällt werden, die keinen oder nur einen leichten Befall durch das Eschentriebsterben hat.» Er könne dies nicht verstehen, so der Baumpflegespezialist.
Die Fondation Franz Weber habe deshalb noch mal an die Burgergemeinde appelliert, den starken Eingriff zu überdenken. Es sei nötig, abgestorbene oder vom Eschentriebsterben befallene Bäume zu fällen. «Nicht aber Eschen, die in einem guten Zustand sind und keinen oder nur einen geringfügigen Befall durch das Eschentriebsterben aufweisen!»
Die Esche darf stehen bleiben
Auch am südlichen Rand der Belpau, entlang der Forststrasse, plane die Burgergemeinde Belp punktuelle Fällungen aus «Sicherheitsgründen». Davon betroffen gewesen sei auch eine grosse, etwa 100 Jahre alte Esche in sehr gutem Zustand. Es sei ein mächtiger Baum, um die 30 Meter hoch und 20 Meter breit, mit einem Stammdurchmesser von gut einem Meter. «Nach einer langen Konversation mit dem Förster und der Burgergemeinde darf diese aber nun stehen bleiben.» Dafür sei er dankbar. Denn um die Umweltleistung eines alten Baumes zu ersetzen, brauche es 400 Jungbäume.
Trotzdem sei er sehr enttäuscht, dass die Burgergemeinde nicht auf seinen Rat eingegangen sei, die weiteren zur Fällung angezeichneten Bäume im Nahbereich der grossen Esche, aber auch weitere angezeichnete Bäume, stehen zu lassen; das heisst, auf den geplanten Eingriff weitgehend zu verzichten. Der Grund: Dietrich konnte aufzeigen, dass das «ganze Wald-Gefüge» instabil werde. «Es ist wichtig, in Randzonen, beispielsweise eben entlang der Forststrasse, den Baumbestand unverändert zu erhalten. Denn um grundsätzlich die Gesamtstabilität des Waldes gewährleisten zu können, müssen auch die anderen Bäume, die neben der Esche stehen – also Fichten, Stieleichen und andere Eschen –, erhalten bleiben.» Denn werde ein Baum durch Fällungen im Nahbereich freigestellt, sei er veränderten Windverhältnissen ausgesetzt. «Dies bedeutet, dass seine Sicherheit nicht gesteigert, sondern vermindert wird.»
Damit die grosse Esche stehen bleiben kann, musste die Firma Baumpflege Dietrich GmbH allerdings per Schreiben gewährleisten, die Verantwortung für den Baum im Rahmen der Unternehmerhaftung zu übernehmen. «Die Esche ist absolut standsicher. Wir übernehmen gern die Verantwortung für den Baum.» Der Baum sei einer der sichersten Bäume in dieser Baumreihe; sturmsicher sei allerdings kein Baum. Deshalb betonte Dietrich abermals: «Im Zusammenhang mit der Übernahme der Verantwortung, die auch die entsprechenden Baumpflegemassnahmen beinhaltet, ist es wichtig, dass die Esche nicht freigestellt wird.» Der Burgerrat der Burgergemeinde Belp sei nicht bereit, die zur Gewährleistung der Sicherheit notwendigen Baumpflegearbeiten bei der Esche zu bezahlen, obwohl öffentliche Gelder für die Bewirtschaftung des Naturschutzgebietes fliessen würden. Deshalb werde die Fondation Franz Weber die Pflegekosten der Esche übernehmen.
Blumen abreissen verboten, Bäume fällen erlaubt
Warum aber dürfen im Naturschutzgebiet überhaupt Bäume gefällt werden? «Die Belpau ist ein Naturschutzgebiet, kein Naturschutzreservat.» Solcher Wald dürfe oder solle in einem gewissen Rahmen bewirtschaftet werden. Er gehe davon aus, dass die Burgergemeinde Belp aus dem Holzschlag Profit ziehen wolle. Was ihn störe: «Dies, obwohl sie, weil es ein Naturschutzgebiet ist, bereits von Kanton und Bund Geld erhält.» Die Bewirtschaftung erfolge im Rahmen des Mittelwaldprojektes. Dabei würden Bäume, die aufgrund der Klimaveränderung keine Zukunft hätten, zugunsten von sogenannten Zukunftsbäumen beseitigt. «In einigen Sektoren wurde die Bewirtschaftung bereits so durchgeführt. Es ist schlimm, wie stark abgeholzt wurde.» Die Burgergemeinde Belp dürfe den Wald bewirtschaften und nutzen und damit auch Geld verdienen, «wenn sie sich an die Bewirtschaftungsform Mittelwald hält». Auch setze die Waldeigentümerin auf Verjüngung, Nachpflanzungen würden gemacht. «Es hat sich aber gezeigt, dass es in den Sektoren, in der die Bewirtschaftung umgesetzt wurde, nicht funktionierte.» Durch den Einfluss des Windes seien Bäume, zum Beispiel Stieleichen, umgestürzt, «weil sie durch die Bewirtschaftung freigestellt wurden». Obwohl der Revierförster dies bestätige, werde nach wie vor zu stark gefällt. Er finde, so Dietrich, dafür solle die Burgergemeinde nicht noch Geld von Kanton und Bund erhalten. «Mit diesen Geldern soll doch bewirkt werden, dass eben weniger stark eingegriffen wird, nicht mehr.» Als Paradoxon empfinde er, dass Waldbesucher bei einem Spaziergang durch ein Naturschutzgebiet keine Blume abreissen dürften – «überall hängen entsprechende Verbotstafeln. Ein solcher Holzschlag aber darf getätigt werden.» Seiner Argumentation, dass durch diesen massiven Eingriff der Boden austrockne und dass im Gegensatz zu jungen Bäumen sich die Neophyten dadurch stark entwickelten, stimme der Revierförster zu. Bei der Waldeigentümerin aber schienen sie keinen Eindruck zu machen. «Meines Erachtens geht es hierbei nicht um Naturschutz, sondern um Profit», sagt Baumpflegespezialist Fabian Dietrich, der im Auftrag der Fondation Franz Weber den geplanten Eingriff beurteilt hat.
Die Baumfällarbeiten in der Belpau sollen im kommenden Januar ausgeführt werden.
Naturschutzgebiet Belpau: www.weu.be.ch/de/start/themen/umwelt/wald/biodiversitaet-wald/belpauen.html