50 Bäume sollten gefällt werden – sie bleiben
Thun / Bonstettenpark | Dank der Einsprachen verschiedener Naturschutzorganisationen – darunter Helvetia Nostra der Fondation Franz Weber – können nun an die 50 Bäume im Bonstettenpark stehen bleiben. Wie kommt man überhaupt dazu, so viele fällen zu wollen? Und wie kam es zum neuen Entscheid?

Kommt der Aspekt der gefährdeten Sicherheit für den Menschen – und somit die Angst – ins Spiel, bleibt die Natur chancenlos. Dies zeigt sich am Beispiel der Wölfe, zeigte sich bei Corona und aktuell auch am Beispiel der Bäume im Bonstettenpark. Fast 50 an die achzig bis hundert Jahre alten, einheimische Baum-Persönlichkeiten – darunter Eschen, Ahorne, Buchen, Eichen – sollten gefällt werden: aus Gründen der Sicherheit. Gleichberechtigte Eigentümer sind die Stadt Thun und der Kanton Bern. Das Argument für die Fällung: Anwohnerinnen und Anwohner fürchteten um die Sicherheit, weil zwei der Bäume zwei Jahre zuvor im Quartier durch ein Unwetter umstürzten. Die Einsprache von Helvetia Nostra basiert auf einem Gutachten der Baumpflege Dietrich GmbH, das ergab, dass, gemäss Fabian Dietrich, Baumpflegespezialist mit eidg. Fachausweis, kein Baum gefällt werden müsse, aber umfangreiche Baumpflegearbeiten in diesem Bereich nötig seien. Das Regierungsstatthalteramt Thun beauftragte nach der Einspracheverhandlung im Sommer 2023 seinerseits einen Baumpflegespezialisten mit einem Zweitgutachten, um abzuklären, ob die Bäume langfristig Zukunft haben. In einem weiteren Gutachten bestätigte dieser Baumpflegespezialist, dass die Bäume stehen bleiben könnten, sofern das Gefahrenpotenzial durch Pflege minimiert werde. Dies ist die gute Nachricht. Doch es bleibt ein Nachgeschmack: Denn hätte es nicht Einsprachen gegeben und hätte Dietrich die Bäume nicht begutachtet, wären fast 50 Bäume bald nicht mehr da – wie ist das möglich …?! Die Regierungsstatthalterin von Thun machte ihren Entscheid vom Amtsbericht des kantonalen Amts für Landwirtschaft und Natur, Abteilung Naturförderung (ANF) abhängig. Beim ersten Amtsbericht hat das Amt anscheinend einen schlechten Job gemacht: Das Projekt zur Fällung der Bäume wurde vom Schreibtisch aus durchgewunken: Es wurde von der Regierungsstatthalterin bewilligt. Erst nachdem die Einsprecher eine Neubeurteilung verlangt und sogar eine Begehung angeregt hatten, beurteilte der neu zuständige Fachleiter die Situation im Detail. Aufgrund der Gutachten der beiden Baumpflegespezialisten kam er zum Schluss, dass die Pflege der Bäume Priorität haben solle. Jeder einzelne Baum müsse durch einen Baumpflegespezialisten beurteilt werden, ob er durch Pflege stand- und bruchsicher gemacht werden könne. Erst wenn dies nicht möglich sei, sei die Fällung mit Ersatzpflanzung möglich. In der Folge zog die Bauherrschaft das Baugesuch zurück. Bleibt die Frage, worum es dem Amt für Stadtliegenschaften Thun und dem zur Neugestaltung beauftragten Landschaftsarchitekten ging? «Es ist ein Hohn, dass die Fällung als Aufwertung der Biodiversität verkauft wurde». Auch Pro Natura Thun erhob Einsprache, war aber nicht grundsätzlich gegen die Fällungen, sondern «etappenweise» und für die Pflanzung junger Bäume. Der Berner Heimatschutz wehrte sich stark dagegen. Fakt ist: Vorher waren die Bäume gefährlich und sollten weichen. Nun hat sich das Ganze anscheinend «einfach so» erledigt. Dietrich empfindet das Vorgehen als «völlig unprofessionell.» Klar seien alle froh über das Happy End. Dennoch hätte man Geld und Zeit sparen können: «Durch Baumpflegemassnahmen können die Sicherheitsanforderungen erreicht werden, ohne Fällung.» Dass Bäume bei «Problemen» nicht gefällt werden müssten, müsse erst in die Köpfe. «Eine absolute Sicherheit gibt es im Leben nie. Bei Sturm kann, zum Beispiel, auch ein Baukran umkippen.»