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Gigant(r)ischer Nachthimmel

Gantrisch | «Der Naturpark erhielt als erster Park der Schweiz das «Dark-Sky-Park-Label» – das «Dunkler-Himmel-Park-Label» – weil über dem Gebiet die Nacht noch so dunkel ist, wie sie sein sollte: ohne Lichtverschmutzung.

Gantrisch
Über dem Gantrischgebiet zeigt sich die Nacht ohne Lichtverschmutzung und ermöglicht den Blick auf die Milchstrasse. Foto: Holger Herbst

Im Naturpark Gantrisch hat die Nacht einen hohen Stellenwert: Gemeinsam mit Parkgemeinden und Partnern setzt sich der Förderverein Region Gantrisch für den Schutz der Nachtdunkelheit ein. Nun wurde der Naturpark Gantrisch für seine überdurchschnittlich hohe Nachtdunkelheit in seiner dunklen Zone als schweizweit erstes Gebiet mit dem internationalen Label «Dark Sky Park» ausgezeichnet.

«Der Weg zur Auszeichnung war ein langer Hürdenlauf – aber er hat sich gelohnt», sagt Nicole Dahinden, Projektleiterin Nachtlandschaft beim Förderverein Region Gantrisch (FRG).

Die ersten Kontakte zur internationalen Dachorganisation «DarkSky International» fanden im Jahr 2016 statt. Acht Jahre später erhält der Naturpark Gantrisch für seine dunkle Zone im südlichen Teil des Parks das Label «Dark Sky Park» mit dem Namen «Gantrisch Dark Sky Zone» – als erstes und einziges Gebiet in der Schweiz. Für Nicole Dahinden «ein unbeschreiblich schönes Gefühl und eine grosse Wertschätzung für die Nachtdunkelheit». Lydia Plüss, Geschäftsführerin des FRG, ergänzt: «Diese schweizweit erste Auszeichnung ist ein Beweis für die Einzigartigkeit unserer Region und belohnt das Engagement aller Beteiligten, die sich für die Bewahrung der Nachtlandschaft einsetzen.»

Für die Organisation DarkSky Switzerland, unabhängiges Mitglied von DarkSky International, ist das ein «besonderer Moment», so Geschäftsführer Lukas Schuler. DarkSky Switzerland begleitete den Naturpark Gantrisch (NPG) auf dem Weg zum Label.

So schützt der FRG die Nacht

Der Förderverein Region Gantrisch hat in Absprache mit den Parkgemeinden im Jahr 2018 eine 104,7 km² grosse Schutzzone definiert. In diesen Gebieten gelten seither besondere Bestimmungen für Beleuchtungen, welche der FRG gemeinsam mit den Parkgemeinden erarbeitet hat. Die Bestimmungen sind nicht rechtsverbindlich, werden aber insbesondere von den sechs Gemeinden in der «Gantrisch Dark Sky Zone» zum Schutz der Nachtdunkelheit freiwillig umgesetzt.

Der Naturpark Gantrisch wird einerseits dafür ausgezeichnet, dass die definierte dunkle Zone über längere Zeit eine messbar überdurchschnittlich hohe Nachtdunkelheit aufweist und diese gleichzeitig der Öffentlichkeit zugänglich ist. Andererseits erhält er das Label, weil die betroffenen Gemeinden den regionalen Beleuchtungsrichtlinien zugestimmt haben und der FRG den Schutz der Nacht in seiner Charta verankert hat.

Gantrisch klein

Schraffiert: Die dunkle Zone des Naturparks.

Weiter werden mit dem «Dark Sky Park»-Zertifikat auch die Sensibilisierungsmassnahmen, die der FRG im ganzen Naturpark Gantrisch umsetzt, gewürdigt. Der Förderverein Region Gantrisch unterstützt unter anderem den Anlass «Die Nacht ist schön» und veranstaltet Nachtführungen. Er informiert zudem die Einwohnerinnen und Besucher via Website, Social Media und Publikationen in verschiedenen Medien (z. B. «Helva und der Mantel der Nacht») sowie an Veranstaltungen und mit Beratungsangeboten über das Thema. Seit 2016 betreibt er ein Monitoring über die Nachtdunkelheit im Park.

Für die FRG-Präsidentin Franziska Stucki-Oswald ist «die Auszeichnung ein Zeichen funktionierender Zusammenarbeit in der Region. Dank der Mithilfe vieler Partner kann der Förderverein Region Gantrisch die Nacht in der Region und damit das Ökosystem intakt halten.»

Den Schalter umlegen

Wie nimmt die Bevölkerung den Nachthimmel im Naturpark wahr? «Das Echo fällt breit aus», so Plüss. «Es ist schön zu sehen, wie sich die Menschen an der Dunkelheit erfreuen. Mittlerweile sei die Sensibilisierung in Bezug auf die Wichtigkeit eines dunklen Nachthimmels für Menschen, Tiere und Pflanzen weit fortgeschritten. «Lichtverschmutzung beeinträchtig uns alle. Künstliches Licht verwirrt Fledermäuse, Insekten und Pflanzen.» Diese seien gestresst, wenn sie immer im Licht seien. «Haben sie keine Dunkelheit, haben sie auch keine Erholungsphasen.» Auch beim Menschen zeige sich deutlich, was es mit ihm mache, wenn Dunkelheit fehle. «Er schläft schlecht, wenn es zu hell ist. Mit allen daraus resultierenden Folgen.» Deshalb gelte es, sich zu fragen, wieviel Licht der Mensch in der für alle notwendigen Dunkelheit der Nacht wirklich brauche. Von wie vielen Reklametafeln er sich stören lassen wolle. «Manchmal sollte man einfach den Schalter umlegen.»

Was können wir tun? «Wenn wir eine Lichtquelle benötigen, so sollte diese stets nach unten gerichtet sein», so Plüss. Und auch der Lichttyp sei ein Argument. «Keine Lichtstärke sollte höher als 2000 bis 3000 Kelvin sein.»

www.gantrisch.ch/nachtlandschaft

Space-Eye – das Weltraumauge

Knapp ein halbes Jahr nach der Eröffnung könne sich das Space Eye im Dark Sky Park in Niedermuhlern weiterhin über gut gebuchte Führungen freuen, wie die Veranstalter mitteilen. Das grosse Interesse der Bevölkerung habe seit der Eröffnung im September 2023 nicht abgenommen. Führungen seien bereits Wochen vor Durchführung ausgebucht. «Sowohl die Sternenbeobachtungen am Abend wie auch die Halbtagesangebote mit Planetariumsprogramm erfreuen sich grossen Beliebtheit.» Kinder besuchten beispielsweise das Angebot «Kids in Space» am Mittwochnachmittag. Weiterhin könne das Space Eye Schulen, Firmen und Gruppen ausserhalb der offiziellen Programme begrüssen. Die vielen positiven Rückmeldungen und begeisterten Besucherinnen und Besucher seien Ansporn, das Programm auszubauen.

Das Abendprogramm «Stargaze – Himmelsbeobachtung am Teleskop», jeweils am Mittwoch- und Samstagabend, sei seit der Eröffnung regelmässig ausgebucht. «Aufgrund der grossen Nachfrage wird dieses Angebot ab April auch an einigen Freitagen angeboten.» Die Tickets seien bereits im Space-Eye-Ticketing aufgeschaltet.

Ab Mai starte der Blog «Space News» mit regelmässigen Beiträgen über neueste wissenschaftliche Erkenntnisse, Facts & Figures und Skurriles zu den Space-Eye-Themen Astronomie, Raumfahrt und Umwelt. «Mit den Space News ermöglichen wir den Blick ins Universum und zurück auf die Erde. Dabei setzen wir uns ein für eine Gesellschaft, die für den nachhaltigen Erhalt des Lebens sensibilisiert ist und sich an faktenbasierter Wissenschaft orientiert.»

pd/Sonja L. Bauer

 

Beleuchtungsrichtlinien

Die regionalen Beleuchtungsrichtlinien (rBelR) wurden 2018 erarbeitet und von vielen Naturparkgemeinden per Gemeindebeschluss angenommen. Sie geben Richtlinien für zukünftige Beleuchtungen und Umrüstungen vor und stehen auch Gemeinden ausserhalb des Parks zur Annahme offen. Die rBelR teilen das Naturparkgebiet in zwei Nachtzonen ein. Einerseits die Kernzone E0 (Null-Emissionen), in der es kein künstliches stationäres Licht geben soll, ausser in Ausnahmefällen zur Sicherheit oder zur Arbeitsplatzbeleuchtung. Die Kernzone E0 entspricht der zertifizierten «Gantrisch Dark Sky Zone»-Fläche (siehe Karte). Müssen dort Flächen stationär beleuchtet werden, sollen vollabgeschirmte, zeitlich steuerbare Leuchten verwendet werden, mit einer Lichtfarbe von nicht höher als 2000 Kelvin (warmweiss).

In der Umgebungszone E1 (= verantwortungsvoller Einsatz von Licht), welche die restliche Parkfläche umfasst, sollen neue Beleuchtungsanlagen auf ihre Vereinbarkeit mit Bau- und Umweltschutzrichtlinien, der SIA-Norm 491 sowie den vorliegenden rBelR geprüft werden, und Bauherren sollen die Lichtwirkung neuer Anlagen darlegen. Wichtig ist die Prüfung künstlicher Beleuchtung auf ihre Notwendigkeit, ihre zeitliche Begrenzung, ihre Abschirmung und Lenkung, auf den Grundsatz, von oben nach unten zu beleuchten, sowie auf die Wahl der tiefstmöglichen
Beleuchtungsstärke. Die Lichtfarbe soll nicht höher als 3000 Kelvin sein.

pd/Sonja L. Bauer

 

Warum braucht es die Dunkelheit der Nacht?

Das Licht der Sonne gibt den Tages- und den saisonalen Rhythmus vor, nach dem sich alle Lebewesen, inkl. der Mensch, richten. Dies funktioniert jedoch nur mit seinem Gegenspieler: der Dunkelheit. Künstliches Licht in der Nacht beeinflusst sämtliche Prozesse, die auf diesen Rhythmen beruhen, wie Regeneration, Ruhezeiten und Photosynthese. Deshalb setzt sich der Förderverein Region Gantrisch gemeinsam mit den Parkgemeinden für den Schutz der Nachtdunkelheit im Naturpark Gantrisch ein.

«Künstliches Licht hebt den schützenden Mantel der Dunkelheit auf und macht Tarnungen sowie die Anpassungsleistungen der nachtaktiven Lebewesen zunichte», wie Nicole Dahinden, Projektleiterin Nachtlandschaft beim FRG, erklärt. Wenn die Nacht zum Tag gemacht wird, führt dies zu einer Verarmung der Biodiversität. Die Folgen sind bekannt: Die Stabilität und Flexibilität des gesamten Ökosystems sowie seine Fähigkeit, durch die Artenvielfalt auf Veränderungen reagieren zu können, nimmt ab. Das System wird träge und hilft nicht mehr mit, unser von der Natur abhängiges
Dasein zu fördern.

pd/Sonja L. Bauer


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