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«Ich denke weder in Kulturen noch in Religionen»

Thun/Gaza • Urs Marc Eberhard war Sekundarlehrer und während vieler Jahre IKRK-Mitarbeiter. Darunter waren zig Einsätze im Nahen Osten. Eberhard kennt die Menschen dort. Und zwar auf beiden Seiten und aus verschiedenen Kulturen. Neben Deutsch spricht er Französisch, Italienisch, Englisch, ein bisschen Spanisch und Arabisch. «Die Menschen im Nahen Osten haben kaum eine Chance auf Frieden», sagt er, der vor dem Zweiten Weltkrieg geboren wurde.

| Sonja Laurèle Bauer | Gesellschaft
Urs Marc Eberhard hat viel gesehen. Mit und ohne Kamera. (BilD: zvg)

«Mein Jom-Kippur-Kriegseinsatz prägte mich», sagt Urs Marc Eberhard, der nebenberuflich Psychologie, Philosophie, Pädagogik, Kunstgeschichte und Journalistik studierte und viele Jahre Musikkritiken schrieb. Unter anderen für «Berner Zeitung» und «Der Bund». Er ergänzte seine Studien in Paris und Florenz, bereiste Europa und viele Länder anderer Kontinente, wo er auch als Reiseleiter tätig war. 

Der Nahost-Krieg ist unerträglich 

Ich treffe ihn bei sich zu Hause am Klavier an. Eberhard ist ein zurückhaltender, lebenserfahrener und besonnener Mensch. Der Nahost-Konflikt beschäftigt ihn. Wenn er dieses Gefühl auch hinter einem sachlichen, wohl ehemals berufsbedingten Pragmatismus verbirgt, so outet er sich mit den Worten: «Was im Nahen Osten geschieht, geht mir seit langer Zeit nahe und ist in den vergangenen Jahren unerträglich für mich geworden.» Der Vater einer Tochter und zweier Söhne war jahrelang periodisch für das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) weltweit im Einsatz. Auf späteren Einsätzen habe ihn manchmal einer seiner Söhne begleitet. «Daraus ist eine andere, ganz neue Vater-Sohn-Beziehung entstanden.» Urs Marc Eberhard selbst ist der Sohn eines Lehrer-Ehepaars. Seine Kinder sind alle vorerst Lehrpersonen geworden. Bis Mitte der 1990er-Jahre war er 30 Jahre lang Vorsteher des Schulamtes der Stadt Bern. Später, zum Ende seines Berufslebens, einige Jahre Geschäftsführer der Berner Wanderwege. «Weil dies viel gesünder war», wie er schmunzelnd meint. 

Jemen, Syrien, Pakistan, Senegal, Bangladesch, Serbien, Weissrussland… 

Nun, längst pensioniert, sitzt er auf dem Sofa in seinem Haus in Thun; ein mittelgrosser Mann, zurückhaltend, wie erwähnt, abwartend, einerseits. Anderseits elegant, galant, auch selbstsicher. Auffallend ist seine Agilität. Als er auf Nachfrage seinen Jahrgang nennt, meint die Besucherin, sich verhört zu haben. Rechnet nach. Er: «Ja, 1937.» 1965 wirkte Eberhard als Delegierter des IKRK mehrere Monate als administrativer Leiter des Kriegslazaretts am Rande der Rub-al-Chali-Wüste von Jemen. Jahre später – während des Indisch-Pakistanischen Kriegs – war er stellvertretender Delegationschef in Pakistan; dann folgte Syrien. Während des Jom-Kippur-Kriegs 1973 wirkte er als IKRK-Delegierter in Damaskus. 1991, während des Zweiten Golfkriegs, war er wieder im Jemen. Zuvor war er im Führungsstab des Schweizerischen Freiwilligenkorps für Katastrophenhilfe im Ausland, war Mitglied der Kadergruppe Versorgung und als solcher mehrmals auf Auslandseinsätzen. Er war Logistikexperte der UN-World-Food-Programme in Mauretanien und für die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinigten Nationen (FAO) in Senegal, half in Bangladesch bei der Bewältigung der Überschwemmungskatastrophe 1989/90 und war als Beauftragter des Gemeinderats der Stadt Bern mit einem Hilfskonvoi in Serbien. Als Experte der schweizerischen und deutschen «Senior Expert Corps» leistete er Einsätze in Bulgarien, Weissrussland und Rumänien, auf der Krim, in Indonesien und Costa Rica. Diese Zusammenfassung im Stakkato wird dem intensiven Leben von Urs Marc Eberhard kaum gerecht. Was sie aber zeigt: Dieser Mann kennt grosse Teile unserer Problemwelt mit ihren leider meist leidenden Menschen. 

Erziehungsberater und Buchautor

Er denke nicht in Kulturen oder Religionen, so Eberhard, sondern «in Menschen ». Er wurde nie müde, in seiner Freizeit für diverse Zeitungen und Zeitschriften Kolumnen, Glossen, Essays zu schreiben. Eberhard ist Autor der beliebten SJW-Hefte für Kinder und schrieb Ratgeberliteratur zu Erziehungsfragen. Der Vielgereiste machte Fotoausstellungen, arbeitete als Reiseleiter für Jugendtouren, auch im Jemen und bis nach Arabien. Er war im Vorstand der Schweiz-Arabischen Gesellschaft und Präsident derer Berner Kantonalsektion, war Vorstandsmitglied des Vereins Mus-e Schweiz, Partnerorganisation der International Yehudi Menuhin Foundation in Brüssel, und schliesslich Mitglied des Berner Schriftstellervereins. 

Ein Staat für die Palästinenser

Was den Krieg im Nahen Osten betrifft, so nimmt Urs Marc Eberhard kein Blatt vor den Mund: «Was die Hamas tat, ist abscheulich und strengstens zu verurteilen», sagt er. «Doch was die israelische Regierung seither zunehmend tut,ebenso.» Er findet das bis vor Kurzem überwiegend heuchlerische Verhalten der Öffentlichkeit und insbesondere vieler Politiker widerlich. Das eigentliche Problem werde konstant ausgeblendet und nicht angegangen: «Die Palästinenser müssen endlich einen selbstständigen Staat erhalten. Doch Israel verhindert dies von jeher – an sich jederzeit durchsichtig und klar völkerrechtswidrig. Mit der widerlichen Siedlungspolitik und ihrem jederzeit sturen Verhalten hat die israelische Regierung alle positiven Entwicklungen für die Palästinenser konsequent mitverbaut. Die Palästinenser haben keine Chance.»

Geölte Propagandamaschinerie

Eberhard holt zwei Tassen Kaffee, schenkt der Besucherin ein. «Ich verabscheue die weltweit geölte Propagandamaschinerie der israelischen Regierung.» Und weiter: «Sehen Sie, als ich vor vielen Jahren mit dem IKRK vor Ort war, nahm Israel die Golanhöhen ein. Danach zerstörte es sämtliche Siedlungen dort. Wir wollten da hin, um die Verletzten zu retten und die Toten zu bergen. Doch die israelische Regierung liess uns nicht hinein. Kompromisslos. Dann kam die Armee mit den überall tätigen Bulldozern und putzte die Siedlungen mitsamt ihrem noch vorhandenen, allenfalls noch lebenden Inhalt weg. Es war unerträglich.» Genauso unerträglich sei gewesen: «Was stand danach in unseren Medien? Die Golanhöhen seien ohnehin unkultiviertes …» – Eberhard stockt und setzt damit ein Ausrufezeichen – «… Niemandsland gewesen. Später kamen die neuen Besatzer und pflügten den Boden, säten ihn an, bedienten damit das alte, schöne, biblische Bild – und ein paar Wochen später sah man in den Medien, was die Israeli Schönes aus dem Land gemacht hatten.» 

Stiefel im Wüstensand

 Er räuspert sich: «Sie erinnern sich vielleicht auch noch an die Bilder während einem der zahlreichen Nahost-Kriege: zahlreiche Stiefel im Wüstensand des Sinai. Angeblich hätten die ägyptischen Soldaten feige die Flucht vor den israelischen Truppen ergriffen, hiess es. Sie seien aus ihren Militärstiefeln gehüpft und hätten barfuss das Hasenpanier ergriffen. Aber kein Mensch läuft barfuss durch die glühend heisse Wüste! Tatsächlich zwangen die israelischen Truppen ihre Gegner aus den Stiefeln und schossen den verzweifelt fliehenden Ägyptern hinterher …» So laufe die geölte israelische Propagandamaschinerie seit eh und je erfolgreich und ungebremst weiter.

«Kritiker sind sofort Antisemiten»

Dies alles sei in den vergangenen Jahren unter der Netanjahu-Regierung noch viel schlimmer geworden. «In seiner Regierung sitzen Ultra-Rechte, verurteilte Kriminelle, die den sturen Regierungschef, dem es längst nur noch um seine eigene Person und die Rettung vor Verurteilungen geht, in der Zange haben. Das alte Schema, auch jene, die nur leise Kritik an der gegenwärtigen Regierung Israels üben, als Antisemiten anzuprangern, wird stur, allerdings mit schwindendem Erfolg, weiterverfolgt.» Der unselige Holocaust mit dem stets vorhandenen, schlechten Gewissen der europäischen Folgegeneration, insbesondere der deutschen, scheine jeden Widerstand gegen den Staat Israel zu lähmen. «Indessen gehen die Gräueltaten der israelischen Armee in Gaza und, nicht zu vergessen, im Westjordanland unvermindert weiter.» Was verlässliche Zeugen vor Ort, wie etwa «Médecins sans frontières» (Ärzte ohne Grenzen), berichteten, werde alles konsequent abgestritten. «Was UNO-Organisationen oder das IKRK berichten, ist ohnehin bedeutungslos für Netanjahu und Konsorten. Selbst der massive Widerstand im eigenen Land wird vom Tisch gewischt. Alle politischen, humanitären und juristischen Organisationen, die sich für den Erhalt einer einigermassen soliden Weltordnung einsetzen, versucht Israels derzeitige Regierung gezielt zu disqualifizieren.» Wobei ein grössenwahnsinniger, alter «Uncle Sam» kräftig unterstütze und launenhaft mitmische.

«Kann man Menschen, die einen als Antisemit bezeichnen, nicht verklagen?»

«Ich habe einiges, was im Nahen Osten geschieht, selbst erlebt», sagt Eberhard. «Und ich bin alles andere als ein Antisemit!» Das sei er auch nicht, wenn er von Erlebtem und Geschehenem erzähle oder Zustände zu kritisieren wage. «Ich habe mir schon überlegt, ob man Menschen, die einen trotzdem so bezeichnen, nicht verklagen könnte oder müsste». Israel profitiere von der Präsenz der weltweiten Judengemeinde, vor allem in den USA, und von der historischen Verbindung der christlichen Kirche mit dem Judentum. «Ging ausnahmsweise mal eine Initiative von Israel aus, um das Elend zu unterbinden, so wurde sie gestoppt.» Der ehemalige Ministerpräsident Jitzchak Rabin sei nicht von einem Araber, sondern von einem fanatischen Juden ermordet worden. «Rabin setzte sich für Frieden ein. Auch er hatte gegen die Orthodoxen und Extremisten im Land keine Chance.» Die Orthodoxen und Reaktionäre spielten im bösen Nahost- Spiel eine tragende Rolle. An dieser Stelle legt Urs Marc Eberhard der Besucherin und allen Interessierten das Buch «Unorthodox» der jüdischen Autorin Deborah Feldman ans Herz und fährt fort: «Die Allmacht, Verlogenheit, Kompromiss- und Planlosigkeit der gegenwärtigen Regierung Israels scheint offenbar und lässt leider den Unterdrückten kaum andere Optionen als Verzweiflungstaten. Dagegen muss endlich etwas unternommen werden.»

Steine gegen Panzer

Was ist die Lösung, Urs Marc Eberhard? «Die Schaffung eines Palästinenserstaates mit gegenseitigen Garantien, einander in Ruhe zu lassen.» Doch dies scheine kaum mehr möglich zu sein. «Der Hass auf beiden Seiten wurde und wird nun neu angefacht und wird sich auf Generationen auswirken. Die israelische Regierung hat zielgerichtet, vorbeugend und widerrechtlich das Land zerstückelt, besetzt, Ghettos und vogelfreie Räume daraus gemacht.» Junge Palästinenser, die im Austausch gegen die Geiseln freigelassen worden seien, «wurden oder werden zum Teil wieder verhaftet. Steine gegen hoch technisierte Waffen sind hoffnungslose, immer wiederkehrende, erfolglose Widerstandsversuche. » Palästinenser seien immer schon als Terroristen bezeichnet worden. «So, wie übrigens auch Nelson Mandela, als er in Südafrika noch im Gefängnis sass. Demnach waren wahrscheinlich auch die alten Eidgenossen mit ihrem viel gelobten Widerstand gegen das Joch der Besatzer Terroristen.» Ein weiteres Problem liege auch darin, dass der Westen kaum Beziehungen zur arabischen Welt mit ihrer Kultur habe. «Wir kennen diese Menschen nicht. Das westlicher agierende und erscheinende Israel scheint uns deshalb näher.» Im Religionsunterricht seien die Jugendlichen vorwiegend in Bezug auf das Christen- und Judentum informiert worden. «Auf die arabische Kultur, auf den Islam mit seinen vielen Facetten und auch auf dessen Gefahren wurde und wird im Unterricht kaum eingegangen. 

Krieg gegen chancenlose Menschen

Der Krieg im Nahen Osten koste jede Woche Tausenden von Kindern, Frauen, Männern, alten Menschen das Leben. «Dies nicht aufgrund von Kollateralfolgen, sondern weil Israel gezielt zerstört, tötet, Hilfslieferungen ungehindert zurückh.lt und dies bestreitet.» Untersuchungen würden in Aussicht gestellt, die aber nie stattfänden. Urs Marc Eberhard verliert zum ersten Mal, wenn auch kaum merkbar, die Contenance: «Das ist ein Skandal!» Wohl gebe es in Israel sehr viele Menschen, die das Ganze durchschauten. «Die sich für Frieden engagieren und ihre Regierung ob ihres unbeirrten Handelns kritisieren und weghaben wollen. Doch sie werden nicht gehört.» Der heutigen israelischen Regierung gehe es nie und nimmer um Frieden. «Ihr geht es um Macht, Zerstörung, Ausweitung des Terrains, Schaffung von Faits accomplis und um Vertreibung, gar Vernichtung des palästinensischen Volkes.» Netanjahu habe mit Erfolg gewartet, bis Trump in den «stets verlässlichen USA» wieder an die Macht gekommen sei. Nun habe Netanjahu von «Mister President, dem Allmächtigen und stets Recht Habenden » – dies sei kürzlich auf Trumps US-Cap aufgedruckt gewesen – jegliche Unterstützung erhalten. «Was ist das für eine Welt? Wenn ein paar dubiose Despoten über das Schicksal so vieler Menschen entscheiden können und die Menschheit zuschaut und versagt?» Und: «Immer wieder wird festgestellt oder behauptet, in arabischen Ländern seien die Zustände viel schlimmer als in westlichen.» Das möge wohl stimmen. «Aber Israel rühmt sich als Demokratie und wird als solche hochgehalten. Als einen Posten des Westens, ein Vorzeigeland. In dieser Gegend gibt es sonst keine Demokratien. An eine Demokratie stellt man richtigerweise hohe Ansprüche. In diesem Staat aber werden diese zurzeit nicht erfüllt.» 

«Vor Ort hatte ich eigentlich nie Angst»

Eberhard macht eine Gesprächspause, denkt nach, schaut die Besucherin an, die fragt: «Urs Marc Eberhard, hatten Sie vor Ort nie Angst?» Sinniert: «Nein … Angst hatte ich eigentlich nie. Nur bei bisweilen kurzfristigen Verhaftungen oder bei willkürlichen Strassenkontrollen, bei denen ich in Kalaschnikow-Mündungen blickte. Dann hiess es, besonnen in den Krisenmodus zu schalten.

Alte Nazi-Parolen werden bemüht 

Seine aktive Zeit sei eine andere gewesen, eine, in der noch Regeln gegolten hätten. «Es wurde nicht gezielt auf humanitäre Helfer und Organisationen oder auf Journalisten geschossen.» Heute zirkulierten im Nahen Osten alte Nazi-Unworte wie «Umsiedlung», «Vertreibung », «Enteignung», «Aneignung von Land und Besitz». «Im Gaza werden Häuser niedergerissen, zerstört, Schulen, Lager und Krankenhäuser werden bombardiert; es wird auf beiden Seiten unverschämt und unverblümt gelogen.» Das sei alles doch schon dagewesen, auf dieser Welt … «Fatalerweise hat das jüdische Volk dies vor Jahrzehnten am intensivsten erleben müssen. Heute sind offenbar die Palästinenser die sogenannten Untermenschen.» 

«Der instrumentalisierte Tod greift in alle Familien»

Wie weiter also, Herr Eberhard? «Es müssen Wege für den Frieden gefunden werden. Ich bin und bleibe durch und durch ein Rote-Kreuz-Mensch.» Denn die Rote-Kreuz-Idee bestehe darin, jenen, «die am schlimmsten dran sind, die nicht wissen, wie sie das Morgen überleben können, beizustehen. Es gibt zunehmend Menschen, die nie wissen, ob sie morgen noch leben oder nicht. Was sie essen können, oder wo schlafen. Der instrumentalisierte Tod greift in alle Familien. Sie verzweifeln und werden alleingelassen von einer anderweitig beschäftigten Welt.» Die Rote-Kreuz-Idee verurteile nicht, versuche sich durchzusetzen, bleibe ein hochzuhaltendes Ideal.

«Ich werde nicht hassen»

Ich frage Urs Marc Eberhard, wie er zu seiner humanitären Haltung gefunden habe. «Als ich in der vierten Klasse war, waren Bubengerangel und -streitereien, an denen ich bisweilen auch teilnahm, an der Tagesordnung.» Am Luisenweg in Thun, einem der beliebten Streitorte, habe er Blechbüchsen mit Verbands- und Desinfektionsmaterial vergraben, «damit ich allfällige Verletzungen und Beulen versorgen konnte». Die Idee sei ihm vielleicht aufgrund einer Henri-Dunant-Lektüre gekommen, das wisse er nicht mehr genau. «Bestimmt aber auch von meiner in diesen Bereichen stets unerschrocken und unbeirrt aktiven Mutter. Und vielleicht entstand sie einfach aus meinem Inneren heraus.» Urs Marc Eberhard lacht. Trotz allem. Und empfiehlt ein zweites Buch zur Lektüre: «Ich werde nicht hassen» von Izzeldin Abuelaish, einem palästinensischen Professor, der in einem Spital in Jerusalem tätig war und der seine ganze Familie durch die israelische Armee verlor. «Die Töchter hat man geköpft, zur sterbenden Frau hat man ihm den Zutritt verwehrt.»

Kleine, goldene Bombenkugelschreiber

Eberhard atmet ein: «Wissen Sie, ich war einst in der Wüste, wo die ägyptische Armee Minen abwarf, die aussahen, wie kleine, goldene Kugelschreiber. Das war 1965. Die Beduinenkinder hoben sie auf, weil sie glänzten – die Bombe riss ihnen die Hände weg, riss ihre Bäuche auf oder zerfetzte ihre Gesichter, und sie verloren Augen und Augenlicht. Eines Abends wurde ein Mädchen eingeliefert, das nur noch blutende Stummel als Arme hatte. Als wir es verarztet hatten, strahlte es mich mit seinen wunderschönen, traurigen Augen an, sagte, wir seien so gut zu ihm. Es griff unter die Decke und streckte mir auf seinen verbundenen Stummeln eine Handvoll Datteln entgegen, um sich zu bedanken. Ich ging raus und weinte.»

Mit Geld- und Waffenfluss wird sich keine Vernunft einstellen

Und heute gehe das alles einfach so ähnlich «und schlimmer» weiter. «Solange die monströsen Geld- und Waffenströme in den ausser Rand und Band geratenen Staat Israel mit seiner gegenwärtigen Regierung weitergehen, wird sich dort keine Vernunft einstellen.» Elend, Hoffnungslosigkeit, Verzweiflung, Töten, Zerstören und Rechtslosigkeit blieben die Doktrin und würden in Gaza und im Westjordanland an der Tagesordnung bleiben. «Auch für uns in der friedlichen kleinen Schweiz ist das wirklich nicht mehr zum Aushalten.»


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