Skip to main content

-


Anzeige


Gesunder Menschen­verstand und ein Herz für Tiere

Kaufdorf/Bern • Regierungsrat Christoph Neuhaus tritt 2026 nicht mehr zu den Wahlen an. Sein runder Geburtstag ist Grund genug, das Leben mit seiner Familie und seinen Tieren zu feiern – was nicht bedeutet, dass ihm die Ideen ausgehen. Denn der studierte Politikwissenschaftler ist ein angenehmer Zeit-genosse, dessen Intellekt ihm nicht die Tür zum Herzen versperrt und der sich nicht um Menschen und Natur foutiert: Denn da gibt es noch genug zu tun.

| Sonja Laurèle Bauer | Politik
Regierungsrat Christoph Neuhaus (SVP). Bild: zVg

Geboren wurde Christoph Neuhaus in Arch, Amtsbezirk Büren. Der Zufall: Der ehemalige Redaktionsleiter dieser Zeitung, Jürg Amsler, war einst Neuhaus’ Klassenlehrer. Während der pensionierte Redakteur Amsler – der nach wie vor in der Redaktion einspringt, wenn Not an Frau und Mann ist – noch dort lebt, zog der heutige Noch-Regierungsrat weiter: Er lebte in Bern und viele Jahre in Belp, wo sich die Redaktion des BLB befindet. So kreuzten sich die Wege der beiden erneut. Mittlerweile lebt Neuhaus mit seiner Frau, seinem elfjährigen Sohn, vielen Tieren und Sicht auf die Berge inmitten herrlicher Natur: Mit Schafen, Pferden, Hunden, Hühnern, freilaufenden Hasen – und Mauswieseln …

Politiker, Journalist, Wissenschaftler

Denn Neuhaus ist auch mit Leib und Seele Politiker. Seit sieben Jahren ist er Vorsteher der Bau- und Verkehrs­direktion, bezeichnet sich selbst als Macher: «Ja, es läuft wieder», sagt er, der die Dinge gerade am liebsten selbst in die Hand nimmt. Der Kanton baue zurzeit, nach der schwierigen Coronazeit, an vier Orten: Beim Polizeizentrum Bauhaus in Niederwangen und beim Campus Biel, für jeweils knapp 400 Millionen Franken. Beim Campus Bern für rund 440 Millionen in Ausserholligen und beim «Baufeld 03», bei der «Insel», für 470 für die Ausbildung der Medizinerinnen und Mediziner, also total für 1700 Millionen Franken. «Deshalb danke ich allen, die Steuern zahlen.» Aus­serdem ist es ein Verdienst von ihm, dass die Gymnasien Thun und Neufeld renoviert werden. Natürlich kennt der Regierungsrat auch hier die exakten Kosten und gar die Anzahl der Fenster sowohl im alten als schliesslich auch im neuen Gebäude …

Wichtig sei für ihn immer auch das Team, sagt er, Werte hält er hoch. Das Finden von Lösungen, gerade wenn es um Geld gehe. «Wenn man baut, muss die Qualität stimmen, aber es muss auch nicht nur das Allerbeste sein», wie manche Architekten es wünschten. «Es geht um Kommunikation, ums Abwägen, Prüfen und schliesslich ums richtige Einsetzen der Finanzen.» So sein Motto: «Lieber die zweitbeste Lösung als die beste Nicht-Lösung.» Er mag kein Hin und Her, wünscht sich Klarheit und Entscheidungsvermögen. 

Als Regierungsrat stand Neuhaus zuerst der Direktion für Inneres und Justiz vor. Zwei Jahre vor der Zeit als Regierungsrat war er Kommunikationschef Euro 2008 des Bundes und wiederum zuvor Gemeinderatsvizepräsident von Belp. Zu Beginn des neuen Jahrtausends war er als Partei- und Fraktionssekretär der SVP Kanton Bern tätig, leitete die Abteilung Wirtschaft und Kommunikation der Volkswirtschaftsdirektion des Kantons Bern und war 2002 Expo-Beauftragter des Kantons. Zuvor war der studierte Volks- und Betriebswirtschaftler und Politikwissenschaftler tätig als Handelslehrer an Gymnasien und war Journalist bei diversen Sport- und Tageszeitungen; einst selbst Wirtschaftsredakteur bei der Zeitung «Der Bund»: «Sie empfingen mich damals als den 110. Redakteur. Im Korrektorat arbeiteten damals an die 30 Personen …», erinnert er sich mit Wehmut und Bedauern an eine Zeit, in der Meinungsvielfalt als Basis der Demokratie noch geschätzt wurde. Später spürte ihn ein Headhunter auf und engagierte ihn ins Departement von Elisabeth Zölch, wo er einige Zeit blieb. 

 Auftanken in der Natur

Langweilig wird es ihm auch nach seinem Rücktritt als Regierungsrat nach 18 Jahren und zwei Monaten in der Politik nicht werden. «Ich werde nach wie vor arbeiten, aber nicht mehr in dem Tempo und in diesem Ausmass. Manchmal muss ich an bis zu neun Sitzungen pro Tag.» Die Themen, mit denen er sich befassen will, sind gross und wichtig: So beschäftigt ihn das B-Fass-Problem. Das ist, vereinfacht ausgedrückt, ein Proteinstruktur-Motiv. Die Zusammensetzung macht es möglich, dass daraus ein Material hergestellt werden kann, mit dem Gegenstände beschichtet werden, die feuerresistent sind. «Partikel davon befinden sich überall und sind teils karzinogen», so Neuhaus. «Auch für die Natur eine Katastrophe.» Bereits bis anhin setzte er sich gegen Gifte ein. So auch gegen Chlorthalonil. «Es hat den gleichen Jahrgang wie ich», fügt er pragmatisch an. «Ich wollte das nie.» Natürlich müsse überlegt werden, ob ein Alternativprodukt nicht mehr Schaden anrichte als jenes, das man ersetzen wolle. «Aber dessen Abbauprodukte sind ebenso karzinogen, also krebserregend.» Christoph Neuhaus stört sich auch daran, dass an manchen Orten rücksichtslos Bäume gefällt werden. «Es gibt Vögel, die fliegen nur 15 bis 20 Meter weit. Wenn nun also keine Hochstammbäume mehr stehen, so verschwinden sie.» Er setzt sich für Naturgürtel ein, die unangetastet bleiben sollen. «Diese könnten sich durch das ganze Gürbetal ziehen, mit seinen vielen Tieren.» Neuhaus als Tierkenner wundert sich auch über manche Vorschriften, die seines Erachtens «völlig tierfremd sind». Er schmunzelt: «Wissen Sie, dass ein Pferd und eine Maus ein Jahr lang trächtig sind …?» Und löst die «Eselsbrücke» zur Dauer des Tragens bei Pferden auf: «Das Pferd elf
Monate und die Maus einen.» 

Seine Langohrschafe – es sind irisch-schottische Border Leicester – «schöppelt» er auch selbst, wenn die Mama zu wenig Milch hat. Wie schafft er das, mit wenig Schlaf, wenn er am nächsten Tag wieder fit sein muss für sein politisches Amt? «Dann ist es mir am Morgen kurz schlecht vor Müdigkeit, aber dann geht es wieder und ich merke nichts mehr.» Er schlafe normalerweise den Schlaf der Gerechten, schmunzelt er. Selbst nach Kaffeekonsum am Abend. Aber ohne seine Frau ginge nichts, betont er: Seine US-amerikanische Frau Julia absolvierte in den Staaten ein Doktorat in Neurologie (Nervenwissenschaft). «Seit ihrer Kindheit liebt sie Tiere. Doch sie durfte keine haben. Die Eltern waren sehr restriktiv. Sie musste als Kind aufgrund eines Umzuges gar ihre Schildkröte aussetzen.» Ihre Eltern hielten Tiere für Zeitverschwendung, raten noch heute dem Paar dazu, sich doch eine Wohnung im Kirchenfeld zu leisten und Botschafter einzuladen … Doch für das Ehepaar Neuhaus kommt das nicht in Frage: «Wir tanken in der Natur auf. Es gibt keinen besseren Ausgleich als das.» 

Wiesel und Wolf

50 400 Quadratmeter gross ist das Grundstück der Familie, zwei Bäche fliessen durch die Landschaft, einer davon wurde renaturiert. An die 300 Fische schwimmen nun darin. Neuhauses lassen Naturflächen auf dem Grundstück stehen. Brennnesseln zum Beispiel, für die Biodiversität. Und andere Pflanzen, für die Mauswiesel. «Drei Junge hatten sie 2024», freut er sich. «Sie mausen anstelle von mir. So überlasse ich es der Natur.» Und was sagt er zum Wolf, der für Gleichgewicht in der Natur sorgt, und zum grausamen und unnötigen Abschuss der Wolfsmutter mit ihren fünf Jungen im Bauch, der wohl sowieso nie geahndet werden wird? «Das ist Frevel», so der Regierungsrat. Und er erzählt, sichtlich wütend, dass bei ihnen ein Biber absichtlich überfahren worden sei. «Das ist ausserdem einfach unanständig.» Was ihn beim Wolf zudem frustriere: «Man erschiesst die Klugen, die es schaffen, ins Gehege zu gelangen. Weil der Zaun zu niedrig ist …» Klar sei für ihn, dass der Wolfsbestand bewirtschaftet werden müsse, man schiesse ja auch Hirsche, wenn nötig. Aber da müsse anders vorgegangen werden. Denn so was, so was gehe überhaupt nicht! Im Gantrischgebiet sei das Rudel, das Richtung Jaunpass wegzog, einfach vergiftet worden! Angst vor dem Wolf? «Die Wölfe hierzulande sind klein. Man kann sie ja erst vergrämen, bevor man sie erschiesst.» Neuhaus hat selbst Herdenschutzhunde für seine Schafe. Nun sogar einen Baby-Hund. «Ja, sie bellen, aber dafür schützen sie so Schafe und Wolf.»

Er möge Luchse, so der Regierungsrat. «Kürzlich erfuhren wir, dass der Luchs ennet der Gürbe einen erlegten Damhirsch über einen Zaun wuchtete, um ihn den Jungen zu verfüttern. Diese Tiere sind klug und stark. Sie schlagen Beute und kommen immer wieder dahin zurück.» Den Wolf kennten und fürchteten die Schafe oft noch zu wenig, gingen kaum weg, wenn er auftauche. Zudem seien die Schafweiden mancherorts viel zu klein. «So können die Tiere gar nicht fliehen.» Neuhaus freut sich, dass durch die vielen Bäume auf seinem Grundstück nun auch der Falke zurückkam. 

Julia und Ethan Pius 

Christoph Neuhaus’ Frau Julia wurde in China geboren. Ihre Eltern wanderten bald danach in die USA aus. Ihre Grossmutter war einst mit Mao Zedong auf dem sogenannten Langen Marsch. «Sie ist fast 100 Jahre alt und raucht noch», schmunzelt Neuhaus. Seine Frau lernte er in Jordanien kennen, als beide das Kulturdenkmal Petra besuchten. Julia unterstütze ihn auch in Bezug auf die Themen, die ihn beschäftigten: Die Umwelt, die Pferde – ihre zwei ersten retteten sie vor dem Schlachthof –, deren Zucht er sich widmen will – «heute importieren wir fast alle Pferde aus dem Ausland» – und auch den Menschen, die sich der Pferdezucht widmen. «Die Rösseler sollten zusammenhalten.» 

Wie sieht es in seiner Seele aus, die Natur betreffend, philosophisch ausgedrückt? Neuhaus sinniert: «Ich befinde mich irgendwo im Graubereich zwischen dem biblischen Gleichnis ‹Die Erde ist verdammt, wir können die Erde nicht retten› und der menschlichen Moral, verpflichtet zu sein, es trotzdem zu versuchen.» 

Und sein Sohn? Ethan Pius ist elf Jahre alt, liest pro Woche zwei Bücher und spielt Schach. «Langsam verliere ich den Heldenstatus», schmunzelt der Vater. Ethan wächst nicht nur zweisprachig auf, sondern auch mit Eltern, die einen unterschiedlichen «Strenge-Status» vorleben. «Das ist gut. Denn aus­ser uns hat Ethan ja noch die Welt und sich selbst, an denen er sich orientieren kann.»


Ihre Meinung interessiert uns!


Verwandte Artikel


Mietzinssenkend oder unnötige Bürokratie?

Abstimmung • An diesem Wochenende wird über die Miet-Initiative abgestimmt. Diese verlangt, dass die Vormieten offengelegt werden, damit eine Mietzinsreduktion eingefordert werden kann. Unnötige Bürokratie, finden die Gegner.
| Adrian Hauser | Politik

Einigung in Sachen Barell-Gut

Oberhofen • Die Frutiger AG und die SP Oberhofen haben in den vergangenen Wochen zur geplanten Überbauung «Chabis Chopf» (Barell-Gut) eine Vereinbarung getroffen. Dies, nachdem die SP Einsprache gegen das Vorhaben eingereicht hatte.
| Adrian Hauser | Politik

Anzeige